Page 5 - Stadtanzeiger 09.2014
P. 5
Netzschkauer Stadtanzeiger Nummer 9 5 Samstag, 20. September 2014 Die Gebrüder Carl Gottlob und Christian Gottlieb Tröltzsch aus Rei- Nach deren Konkurs erwarben 1925 Max, Jacob, Alexander und Al- chenbach kauften 1852 vom königlichen Staatsfiskus das während fred Berglas aus Berlin das gesamte Areal für 120 TM einschließlich des Brückenbaus als Zementmühle genutzte Objekt und weitere Inventar käuflich. Sie betrieben darin eine Mechanische Kamm- unterhalb der Göltzschtalbrücke gelegene Grundstücke und Ge- garnweberei. 1932 fand eine Francisturbine aus dem Jahre 1910 bäude, einschließlich den dazugehörigen Wasserläufen. mit 15,3 PS und einer Dampfmaschine mit 650 PS Einsatz. Außer- dem wurde ein festes Wehr ohne Aufsatz errichtet. Da die Gebrüder Berglas jüdischer Rasse waren, wurde das Un- ternehmen 1933 arisiert und von der Firma Franz Neupert über- nommen. In den Gebäuden waren Fremdarbeiter untergebracht. Nach Enteignung 1945 setzte man die 1. Lehrwerkstatt nach dem 2. Weltkrieg für Feinmechanik, Optik und Elektronik im Jahr 1952 von Cunsdorf in das Areal der ehemaligen Fa. Berglas an der Göltzschtalbrücke um. Diesen Komplex rüstete man zur zentralen Ausbildungsstätte des Kreises Reichenbach, zunächst unter der Rechtsträgerschaft „VVB Wollen- und Seidenweberei“ um. Die Ein- richtung bildete bis 1954 Lehrlinge der Renak, Apparatebau, Kes- selbau u. a. Betriebe aus. Ab 1954 wurde der Gesamtkomplex dem VEB Nema übertragen, wo eine vielseitige Lehrlingsausbildung in der Berufspraxis u. a. als Schlosser, Dreher, Technische Zeichner, Maschinen- und Anlagenmonteur mit und ohne Abitur, sowie Kli- ma- und Anlagenmonteur ablief. Außerdem erhielten Lehrlinge Spinnerei Fa. Tröltzsch junger Nationalstaaten und anderer Länder wie Korea, Vietnam, China und Palästina eine Ausbildung. Unter dem Firmennamen Gebr. Tröltzsch bauten die Besitzer die ehemalige Zementmühle zu einer Kammgarnspinnerei um und trieben die Maschinen über Wasserräder, von der Göltzsch ge- speist, an. Durch Verpachtung des Parterresaales an C. F. Eckert aus Reichen- bach ergab sich eine Erweiterung des Gebäudekomplexes um eine Färberei für Baum- und Schafwolle sowie ein Trockenhaus. Zirka 1860 übernahm Carl Gottlieb Tröltzsch die alleinige Betriebslei- tung. Zeitgleich wurde ein großes Fabrikgebäude für Kammgarn- und Vigogne-Spinnerei, ein Saal im Erdgeschoss sowie weitere Gebäude, Wiesen und Gärten an C. F. Eckhardt aus Reichenbach verpachtet. In der Fabrik existierten 11 Kammgarn- und 4 Streich- garnmaschinen mit 3100 Spindeln. Das Unternehmen beschäftigte bis zu 65 Arbeiter. In der Folgezeit gab es wiederholt Streitigkeiten Betriebsberufsschule BBS Nema 1957 und Behördenstreit mit der unterhalb liegenden Fa. Winkelmann und Glas. Im Unternehmen war auch das Modewarenfabrikge- schäft „C. Tröltzsch jun.“ untergebracht. 1857 übernahm August Jahn die Spinnerei seines Schwiegervaters Tröltzsch. Er begann 1871 mit 24 Webstühlen, deren Anzahl er bis1881 auf 300 Web- stühle vergrößerte, nachdem mehrere Neubauten errichtet waren. Der Betriebsgraben für die Fa. Jahn verlief von der Abzweigung auf Flurstück 129 des Flur- und Gemeindebezirkes Obermylau bis zur Wiedereinmündung auf dem Flurstück 553 des Flur- und Stadtge- meindebezirkes Mylau. BBS Nema 1989 Seine Firma bestand bis zur teilweisen Fertigstellung der neuen Mit der politischen Wende in der DDR erfolgten dort Qualifizie- Straße Mylau – Netzschkau – Greiz 1912. Die Reichenbacher Kauf- rungsmaßnahmen und Lehrgänge für ABM. Nach der Eröffnung leute Georg Seifert und Wilhelm Hertel übernahmen 1912 das des ehemaligen Lehrlingswohnheimes als Gaststätte „Zur alten Unternehmen. 1918 ging es in den Besitz der Kölner Aktiengesell- BBS“ diente es bis 2008 für diese Zwecke. schaft Hermann Meyer über. Die Kegler des TSV Mylau schufen sich im Jahre 2000 ihre vereins- eigene Kegelanlage auf dem Gelände, die zu den modernsten im Vogtland zählt. Falk Naumann Quellen: C G. und C. G. Tröltzsch, Kammgarnwoll- und Kammgarnfabrikation in Mylau (Winkler 1955) Album der Sächsischen Industrie (Band 2 1861) P. R. Beierlein Geschichte der Stadt Elsterberg Archiv F. Naumann Firmenkomplex Gebr. Berglas Archiv Ortschronik Netzschkau
   1   2   3   4   5   6   7   8   9   10