Page 5 - Stadtanzeiger 06.2015
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Netzschkauer Stadtanzeiger Nummer 6 5 Mittwoch, 17. Juni 2015 und Schwierigkeiten. Herr zu Elsterberg war damals Hermann von erhöhte. Wahrscheinlich profitierte K. E. Dunger von den niedri- Lobdeburg d. Ä. geren Bodenpreisen und geringeren Steuerbelastungen als in Die Dorfstruktur lässt erkennen, dass Brockau siedlungsgeschicht- Netzschkau. lich ein sogenanntes Platzdorf ist. Die Gemarkung war ursprüng- So ist auch die spätere Ansiedlung des 1910 gegründeten Textil- lich in Streifen- und Blockfluren gegliedert. betriebes Kammgarnspinnerei Gebrüder Zimmermann (später VEB Seine Nähe zur Industriestadt Netzschkau beeinflusste die Ent- Zwickauer Kammgarnspinnerei Werk Reichenbach) in Dungers- wicklung Brockaus. grün zu verstehen. Aus dem reinen Bauerndorf entwickelte sich eine Mischsiedlung K. E. Dunger erhielt als Maurermeister die Gewerbegenehmigung mit mehreren gewerblichen Einrichtungen. 1880 in Netzschkau. Seine Firma befand sich in der Carolastraße 8 Mit seine Ortsteilen Dungersgrün, Eichmühle und Ziegelei wurde in Netzschkau. Er kaufte Brockauer Bauern Grundstücke links und Brockau am 1. Januar 1999 nach Netzschkau eingemeindet. rechts der Straße nach Brockau ab und ließ, auf eigene Kosten, durch seine Firma darauf Häuser errichten. Diese vermietete bzw. Dungersgrün, in älteren Unterlagen auch Thungersgrün geschrie- verkaufte er später. Bei seinen ersten Bauten handelte es sich um ben, gehörte schon immer zur Gemeinde Brockau. Es liegt an der Wohnhäuser auf den Flurstücken 398, 398 b und283. Westgrenze von Netzschkau, dabei die Flurgrenze überschreitend, Im Dorfbuch – Brockau von Walter Luther (Ortschronist Brockaus) auf Brockauer Flur. Es stellt einen der jüngsten Orte unserer Ge- ist der Verkauf eines der ersten von Dunger errichteten Hauses gend dar. Nr. 72 des Brandkatasters (heute Am Berg 1 Fam. Pietzsch) ge- Siedlungsgeschichtlich bildet Dungersgrün einen Sonderfall. Oft schildert. entstanden Ortsnamen durch ihren Besiedlungsursprung (slawi- sche bzw. sorbische u.a. Namen). Aber auch an Personennamen bzw. deren Abwandlungen hängte man die Silben -berg, -bach, -thal, -grün u. v. a. Der Ortsname erklärt sich so, dass man den Namen des Besitzers eines größeren Flurstückes (besonders im Vogtland verbreitet) mit dem Grundwort „-grün“ verband. Die Besiedlung von Dungersgrün setzte warscheinlich um 1850 ein, als das Bauerngut Nr. 77 des Brandkatasters (heute Brockauer Str. 13, Fam. Dietz) entstand. Der erste Besitzer kaufte vom Rittergut Christgrün und fünf Brockauer Bauern die Fläche von 9,6 Hektar ab und baute darauf ein Bauerngehöft. Ein weiteres Bauerngut, Nr. 59 des Brandkatasters (heute Flurstraße 1, Fam. Meschke), folgte später. Auf der topografischen Karte von 1878 sind nur diese beiden Ge- bäudekomplexe eingezeichnet. Bäckerei Horlbeck Das Gebäude von Anfang an als Bäckerei errichtet, hatte nicht ein- mal einen Verkaufsaum. Dunger als Besitzer verpachtete zunächst an den Bäcker Ölschle- gel. Mit diesem gab es anscheinend Probleme, denn er verschwand bei Nacht und Nebel. Am 14. Juli 1898 verkaufte K. E. Dunger das Haus an Bäckermeister Max Paul Platzer und dessen Ehefrau Agnes für 8900 Mark. Von dieser ging die Bäckerei 1913 an Bäckermeister Walter Horlbeck über, der ab 1929 – 1940 Erweiterungsbauten (einschließlich Ver- kaufsraum) vornahm. Anfänglich, bis ca. 1907, nannte man die Kleinsiedlung „Dungers Erst die 1895 angefertigte Karte weist weitere Gebäude aus. Häuser“. Mit Bekanntwerden 1895/96, dass Brockau eine eigene Kirche errichten will, befürchteten die Bewohner des neuen Ortsteiles, dass höhere Steuern und Belastungen auf sie zukommen. Deshalb stellten sie am 26. September 1896 an den Netzschkauer Stadt- rat den Antrag nach Ausgliederung aus Brockau und Elsterberg (kirchlich), die Eingemeindung nach Netzschkau zu prüfen und zu ermöglichen. Diesen Antrag unterzeichneten 49 Personen im Alter von 25 bis 70 Jahren. Nach Beratung im Netzschkauer Stadtrat und Prüfung der Steuer- verhältnisse wurde dieses Gesuch am 25. November 1896 abge- lehnt. Der Netzschkauer Baumeister Karl Eduart Dunger (geb. 1841) nutz- In einem Schreiben an den Netzschkauer Stadtrat des Jahres 1898 te die ab 1850 einsetzende Industrialisierung in unserer Gegend, erscheint erstmals der Ortsname Dungersgrün. welche zu einer Verdoppelung der Einwohnerzahlen Netzschkaus Sechs weitere Gesuche in den Jahren 1897 bis 1909 sowie per- führte und damit den Wunsch nach preisgünstigem Wohnraum sönliche Treffen mit dem Bürgermeister von Netzschkau sowie
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